Das Retrofit-Bohrwerk, das 6t-Steuerblöcke schafft!

Retrofit ist 50 % günstiger. Wasserhydraulik-Spezialist Tiefenbach hat ein 20 Jahre altes Union-Bohrwerk gekauft. Welche fertigungstechnischen Vorteile die TC110 hat, erklärt Retrofitter Björn Fleckenstein vor Ort.

von HARALD KLIEBER

Wasserhydraulik lebt! Das beweist der im südlichen Essen an der Ruhr ansässige Systemhersteller Tiefenbach täglich.
„Wasserhydraulik ist tot – hatte mir zwar mein Vater 2006 bei meinem Firmeneintritt erzählt. In den letzten 20 Jahren haben wir aber mit vielen Projekten bewiesen, dass die Wasserhydraulik ein ernsthafter Konkurrent der Ölhydraulik ist – und das nicht nur wegen des Brandschutzes.“ Geschäftsführer und Produktexperte Marc Emmaneel verweist vor allem auf die unvergleichbar höhere Energie-Effizienz, wonach auf großen Installationen für Ölhydrauliken beispielsweise 28 1.000-Liter-Pumpen für hohen Druck sorgen müssen, wo Wasserhydrauliken mit vier 1.000-Liter-Pumpen auskommen.
Mit Digitalisierung und Automation gegen Fachkräftemangel „Das sind energetisch riesige Vorteile. Dieser Faktor 7 Differenz ist nicht ungewöhnlich, sondern der Durchschnitt.
Und für Experten: Unsere Systeme dekomprimieren heute druckschlagfrei in 0,87 Sekunden von 500 auf 0 bar. Das ist ein echter Spitzenwert – und das kann nicht jeder!“

Nur bei einer hohen Anzahl von Schlichthüben von Freiformschmiedepressen würden nach Angaben von Marc Emmaneel die klassischen Ölsysteme punkten, wenn die sonst begehrte Akku-Technik von Tiefenbach an eine ihrer wenigen technischen Grenzen kommt.
„Wasserhydraulik läuft. Nicht ohne Grund investieren wir in unseren Maschinenpark, um unsere hohe Fertigungstiefe weiterzuleben, die bis hinunter in die Wicklungen und Ex-Gehäuse unserer selbstentwickelten Elektromotoren geht. Zudem planen wir, mit noch mehr Automation und neuen Bearbeitungszentren von Index und Heller, verstärkt mit unseren eigenen Mitteln auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken zu können.“

„Überzeugt hatte uns vor allem die Digitalisierung des Bohrwerkes mit einer Heidenhain 530.“
Dirk Hellwich, Betriebsleiter

Seriöser Retrofitter mit viel Erfahrung

Als riesigen Schritt in die Automation bezeichnet Betriebsleiter und CNC-Maschinen-Experte Dirk Hellwich die planerisch herausfordernde Anschaffung des 2024 völlig problemlos in Betrieb genommenen Bohrwerks – vor allem zur Bearbeitung der überdimensionalen, bis zu 6 t schweren Hydraulik-Steuerblöcke.

„Ein Lob geht da natürlich an Björn Fleckenstein und sein Team, das uns nicht nur ausgezeichnet beraten hat, sondern eben auch bei der Installation mit Rat und Tat zur Seite stand.
Ich denke da nur an das Bestandsfundament der Vorgängermaschine, das Fleckenstein mit ein paar Tricks und neuer Anbindung in CNC-taugliche, fundamentale Abstützungspunkte verwandelte.“

Etwas komplexer war nach Angaben von Dirk Hellwich die maschinenseitige Anpassung: Wo vorher freie Flugbahn herrschte für Späne und Kühlschmierstoff, wurden insgesamt drei Späneförderer installiert, die jetzt maximale Verfahrwege auf kleinstem Raum für das 2004 gebaute Union-Bohrwerk erlauben. Nötig wurde die Neuanschaffung der TC110, nachdem die Ausläufer des Ahrtal-Hochwassers 2021 über die naheliegende Ruhr auch Tiefenbach erreicht hatten.

Steuerungen nach Prozessbedarf auswählen

„Bohrwerke können tatsächlich nicht schwimmen“, erinnert sich Marc Emmaneel zurück. Eine Ersatzmaschine half auch nicht. „Gut, dass uns in punkto Maschinen-Expansion die Website von Fleckenstein und deren Gebrauchtmaschinen schon mehrmals aufgefallen war“, skizziert Dirk Hellwich die Kontaktaufnahme.
Beim vor-Ort-Termin in Kleinostheim bei Aschaffenburg ging dann alles schnell. „Überzeugt hatte uns vor allem die Digitalisierung des Bohrwerkes mit einer Heidenhain 530. Das war einer der ausschlaggebenden Punkte. Eben nicht mit einer völlig überpowerten TNC7 retrofitten, sondern genau die passende Steuerung für dieses Bohrwerk auswählen. Mehr braucht man für diese zwar sehr präzisen, aber wenig komplexen Prozesse der Union nicht“, betont Dirk Hellwich.

Automation erlaubt mehrschichtige Produktion

Großer Vorteil sei, dass die 530 das Gewindefräsen beherrscht und somit das zeitaufwändige Gewindebohren, das Vorbohren und die dazu nötigen Werkzeugwechsel samt Kontrolle, Einmessen, Voreinstellung und Anschaffung erübrigt. „Da kommt einiges zusammen. Denn in Steuerblöcke werden nicht nur viele, sondern auch große Gewinde geschnitten – bis M72“, betont Dirk Hellwich.

„Diese heiklen Prozesse lassen sich nun mit deutlich günstigeren Werkzeugen ganz einfach und vollautomatisch ohne jedes Werkzeugbruchrisiko ausführen“, berichtet Bohrwerk-Experte und Bru- der Frank Hellwich.

Denn das alte Bohrwerk hatte auch keinen Werkzeugwechsler. Jedes Werkzeug musste also von Hand in die Spindel eingesetzt und wieder entnommen werden. Tieflochbohrungen mussten teilweise per Handrad gefinisht werden. „Das neue Bohrwerk macht das alles automatisch – und kann eben auch Gewindefräsen.

Perfekt. Das ist ein riesiger Fortschritt“, freut sich Frank Hellwich, dem nun auch die aufwändigen Reparaturen durch abgebrochene Gewindebohrer an den großen Steuerblöcken erspart bleiben.

Retrofit nur mit Garantie und CE-Zertifikat

„Das finale Gewindebohren hat mit dem Gewindefräsen tatsächlich seinen Schrecken verloren. Noch viel besser ist aber, dass wir mit dem Retrofit-Bohrwerk nun auch in die mehrschichtige Bearbeitung einsteigen können.“ Aktuell, so Dirk Hellwich, ist bereits die zweischichtige Spindelnutzung in Vorbereitung. „Auf einen Schlag gewinnt Tiefenbach damit natürlich immense Spindelkapazitäten.“ Die Maschine, so Björn Fleckenstein, ist dafür zu 100 % ausgelegt. Sämtliche Spindeln, Gehäuse, Lager und Getriebe wurden bei dem Retrofit aufgearbeitet. „Jede Maschine, die wir als interessant erachten – weil sie etabliert, besonders stabil oder auch nur sehr beliebt im Markt ist – kaufen wir und arbeiten nach Bedarf sämtlichen Instandhaltungsstau auf.
Der Kunde bekommt von Fleckenstein Werkzeugmaschinen im Prinzip eine neue Maschine – mit CE und entsprechender Garantie“, erklärt Björn Fleckenstein sein Retrofit- und Gebrauchtmaschinen-Business.

Subventionen für energiesparende Maschinen

10 Mitarbeiter kümmern sich in Kleinostheim nahe Aschaffenburg um Anfragen: Fleckenstein kauft Gebrauchte, modernisiert, retrofittet, berät und verkauft. „Wir erfüllen natürlich auch Sonderwünsche, lackieren die Maschinen in Wunschfarbe – automatisieren und digitalisieren momentan aber auch immer häufiger. Und wir spüren momentan tatsächlich deutlich anziehendes Kaufinteresse, das vielleicht auch an den bis dato noch verfügbaren Subventionen für besonders energiesparende Maschinen liegt“, erinnert Björn Fleckenstein an einen weiteren, sehr guten Grund, um über den Kauf einer Retrofit-Maschine nachzudenken.

„Mit Energieeinsparungen lässt sich schnell bei der Zinsberechnung aus der 2 vor dem Komma eine 1 machen.“
Marc Emmaneel, Geschäftsführer Tiefenbach Wasserhydraulik

Maximal punkten mit Energieeinsparungen

Allein für das Bohrwerk konnte Tiefenbach rund 15 bis 20 t CO2-Einsparung geltend machen gegenüber einer Neumaschine. Nicht minder interessant sei es deshalb, so Marc Emmaneel, den Digitalisierungsgrad seiner Maschinen und Prozesse zu kennen, damit diese Erkenntnisse in die Maschinenfinanzierung einfließen können. „Maximal punkten können Sie tatsächlich mit den Energie-Ein- sparungen. Damit lässt sich schnell bei der Zins-Berechnung aus der 2 vor dem Komma eine 1 machen“, unterstreicht Marc Emmaneel das durchaus lukrative Einsparpotenzial.

State of the Art-Digitalmotoren sind superpräzise und sparen Strom

Technisch hat vor allem die Digitalisierung bei dem Bohrwerk und bei Tiefenbach fertigungstechnische Berge versetzt. „Sämtliche Motoren wurden aufgearbeitet oder ersetzt und sind jetzt auf dem neuesten Stand. Es gibt nur noch Digitalmotoren mit minimalem Stromverbrauch, maximaler Präzision und Effizienz. Dito die Linearachsen. Das ist jetzt alles State of the Art!“

Werkzeugwechsler und -magazin sind die Produktivitätsbringer

Größere oder stärkere Motoren empfiehlt Björn Fleckenstein nicht. Das Tuning wäre zwar machbar, aber nicht sinnvoll, weil die Maschinenmassen und -konzepte nicht auf größeren Beschleunigungen ausgelegt sind. „Die Konstrukteure hatten sich schon in den 2000ern bei der Entwicklung der Maschinen einiges überlegt. Auch wesentlich stärkere Spindeln sind meist nicht optimal. Wir empfehlen vor allem die Aufarbeitung der Spindelkästen, Pinolen und vor allem die Erweiterung bei den Union-Bohrwerken mit Werkzeugwechslern und einem Werkzeugmagazin – das sind die echten Produktivitätsbringer für 24/7!“

Mit Retrofit-Maschinen viel Platz und Invest sparen

In Summe sieht Marc Emmaneel gerade für die Losgröße-1-Fertigung der schweren Steuerblöcke die Retrofit-Maschinen als Idealbesetzung. „Das Kosten-/Nutzen-Verhältnis mit 50 % weniger Invest und trotzdem mindestens 30 % effizienteren Prozessen erreichen Sie mit Neumaschinen einfach nicht – vor allem nicht bei Steuerblöcken.“
Und Dirk Hellwich sieht die passenden Steuerungen als den großen Pluspunkt. Zudem würden diese Bohrwerke einfach perfekt in die enge Fertigung von Tiefenbach passen. „Unser Bohrwerk steht auf etwa 3 x 4 Meter. Vergleichbare Bohrwerke, die Steuerblöcke über maximal 6 Tonnen bearbeiten können, brauchen mindestens die doppelte bis vierfache Fläche – an den Invest gar nicht zu denken.

Da reden wir wohl über Millionen, die wir mit der Fleckenstein-Maschine einsparen konnten“, unterstreicht Dirk Hellwich die Vorteile der Retrofit-Maschinen von Fleckenstein.

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